Die Drehorgel in ihrer Frühzeit

Im Allgemeinen wird als Erfinder der Drehorgel der deutsche Jesuitenpater Athanasius Kircher (1602-1680) genannt. Sein Buch "Musurgia Universalis" (1650) enthält Pläne einer tragbaren Drehorgel namens "Organo Portatile", also einer transportablen Orgel, es sind auch weitere Pläne enthalten, die bereits Walzenorgeln zeigen. Kircher war Jesuit und ein Universalgelehrter seiner Zeit, der für diese Pläne sicherlich auch Vorbilder gehabt haben wird.
Nicht transportable Walzenorgeln wie der "Salzburger Stier", der mit über 200 Pfeifen bereits 1502 in der Festung Hohensalzburg unter Erzbischof Leonhard von Keutschach errichtet wurde, mögen Kircher Vorbild gewesen sein.

Nachdem Kircher zu Lebzeiten die Aufsicht über das päpstliche Kirchenmuseum hatte, zu dem auch Musikinstrumente gehörten, verfiel diese Sammlung nach Kirchers Tod 1680. 1698 erhielt ein anderer Jesuitenpater, Filippo Bonanni, den Auftrag die Sammlung zu betreuen. 1709 erstellt er einen Katalog der Sammlung, in der eine Orgel mit einer Stiftwalze mit 12 Musikstücken und 24 Pfeifen enthalten ist, die mit einer Handkurbel angetrieben wurde. 1723 gab Bonanni das Buch Gabinetto armonico pieno d'instrumenti sonori mit der Beschreibung der im Kirchenmuseum vorhandenen Musikinstrumente heraus, aus dem die Abbildung unten rechts stammt. Somit ist zumindest sicher, dass sich diese Drehorgel bereits zu Lebzeiten Kirchers in der Sammlung befunden hat.


Salzburger Stier
Darstellung eines Pilgers mit Walzenorgel

Serinette

Serinetten, die etwa ab 1730 hergestellt wurden, waren wohl die direkten Vorläufer der Drehorgel und wurden in gehobenen Kreisen dazu benutzt, Singvögel auf Gesang abzurichten - daher auch der Name: Girlitz heißt lateinisch serinus serinus, der Zeisig im Französischen serin.
Aufgrund ihrer Funktion enthalten Serinetten in einem Holzkasten üblicherweise nicht mehr als 10 Pfeifen aus Holz oder Metall, die bis zu acht einfache Melodien von etwa 20 Sekunden wiedergeben können. Hier sehen wir bereits die Grundform der Walzenorgel: Die Melodie wird über durch die Walze gesteuerte Ventile auf die hintenliegenden Pfeifen übertragen, der Kurbelantrieb sorgt sowohl für den Vorschub der Walze als auch für die Versorgung der Pfeifen mit der notwendigen Luft, indem ein Blasebalg angetrieben wird.
Zentrum des Baus dieser Instrumente war das Vogesenstädtchen Mirecourt und die 50 Kilometer nördlich liegende Stadt Nancy.

Bemerkenswert ist, dass diese Instrumente praktisch standardisiert hergestellt wurden; Instrumente, deren Herstellung um 100 Jahre auseinanderliegen, sind sowohl in der Bemassung als auch der Technik praktisch identisch.


Nun geht es zu den Orgelbauerdynastien: Der erste überlieferte Name eines deutschen Drehorgelbauers war Johann Daniel Silbermann (1717-1766), ein Neffe des für seine Kirchenorgeln auch heute noch hoch geschätzten Gottfried Silbermann (1683-1753). Johann Daniel war einer von 3 Söhnen des ebenfalls weltbekannten Orgelbaumeisters Andreas Silbermann (1678-1734) aus dem Elsass. 1758 wird in einem Journal an den "Churfürstlich Sächsischen Hof Commissarius und Hoforgelbauer" Daniel Silbermann erinnert und seine Arbeit wie folgt gewürdigt: Seit einigen Jahren habe er sich "außer der Aufsicht über die neue Dresdner Orgel, meistenstheils mit der Vertigung allerley künstlicher Drehe-Orgeln" beschäftigt.